In 30 Städten drohen Fahrverbote, die Diesel-Problematik verunsichert weiter Städte und Kommunen. Ein simples Software-Update soll dreckige Fahrzeuge sauberer, die Luft in den Städten besser machen. Aber ist es wirklich so einfach?
Die Diskussion um dreckige Dieselmotoren reißt nicht ab. Realtests hatten gezeigt, dass die einst „sauberen“ Diesel die Grenzwerte um ein Vielfaches übersteigen. Die Laborwerte konnten auf der Straße nicht eingehalten werden. Gerade für die deutsche Autoindustrie ein Desaster, hatte diese doch immer wieder betont, dass der Diesel und nicht die Elektromobilität die Zukunft sei.
Neue Ideen – Fehlanzeige!
Dabei geht es auch anders und die Politik hat dafür den Weg selbst freigemacht. Mit dem CarSharing-Gesetz, das seit dem 1.9.2017 in Kraft ist, wurde den Städten und Kommunen ein Mittel an die Hand gegeben, den öffentlichen Raum zu Stellplätzen für CarSharing-Autos auszuweisen. Als eine echte Alternative zur Verbesserung der Luft in Ballungsräumen sieht die Politik CarSharing aber leider noch viel zu selten und hat diese Möglichkeit der Mobilitätsgestaltung beim Dieselgipfel anscheinend auch nicht auf dem Zettel.
Ein Update soll es richten
Ein Aktionsplan soll die deutsche Schlüsselindustrie über die nächsten Jahre bringen. Er beinhaltet keine echte Mobilitätswende hin zu einer Reduzierung des Autoverkehrs. Zwar steht in einem „Mobilitätsfonds“ rund 1 Milliarde Euro für den Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität und für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bereit, eine Summe, die die Niederlande allerdings fast nur für den Ausbau von Fahrrad Express-Ways ausgab. Und das bereits 2015. 2016 investierte die Stadt Groningen pro Einwohner 105 Euro in die Radinfrastruktur, in Berlin waren es 4! (zeit.de)
Der Fokus liegt also weiterhin in dem Versuch, mittels Software-Update die dreckigen Dieselmotoren mit einem Klick sauberer zu machen. Das ist natürlich auch viel günstiger, als darüber nachzudenken, wie das Bedürfnis nach Mobilität in Zukunft mit möglichst geringen Emissionen zu vereinbaren ist.
Die Ergebnisse des Diesel-Gipfels sind eine Mogelpackung
Für die Umwelthilfe ist klar: „Ein Software-Update bringt gar nichts. Insbesondere unterhalb von plus zehn Grad, also in den Wintermonaten, haben wir auch nicht die Fünf- oder Sechs-Prozent-Wirkung, sondern gar keine.“ (deutschlandfunk.de) Und das bei immerhin 3,5 bis 5 Millionen Fahrzeugen!
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks kommt zu dem Ergebnis, dass mit dem geplanten Software-Update zwar der Schadstoffausstoß um immerhin 15 bis 25 Prozent verringert werden kann, der Stickstoffausstoff um drei bis sieben Prozent. Diese Reduzierung reiche aber nicht aus, um die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte einzuhalten. Tatsächlich ändert sich also erstmal nichts!
Laut Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, ist der Effekt der beschlossenen Maßnahmen tatsächlich auch so gering, da die Fahrzeuge in Wirklichkeit noch viel dreckiger sind, als angenommen: “Euro 5-Diesel ohne Update stoßen heute im Schnitt 906 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer aus. Das ist fünfmal mehr als der Grenzwert von 180 Milligramm.” (heise.de) Nur eine Hardwarelösung kann zumindest die alten Euro 5 auf das Euro 6 Niveau bringen. Diese kostet pro Fahrzeug 1.500 Euro. Ob die Luft aber dadurch wirklich sauberer wird, ist nicht garantiert.
Elektroautos – die einzige Alternative?
Ob Diesel wirklich sauber geht, ist umstritten. Gleichzeitig verursachen die Benzinmotoren aber mehr CO2 – für die Klimaziele Deutschlands also auch keine echte Alternative. Die Elektromobilität soll es richten. Leider fehlt die Idee, woher der Strom für Millionen E-Autos kommen soll. Wenn am Ende Kohlekraftwerke außerhalb der Städte die Energie produzieren, damit die Stadtluft sauber wird, dann ist auch nichts gewonnen.
Die Elektromobilität bietet aber Chancen. Wenige, mit Ökostrom angetriebene E-Autos könnten ein erster Schritt sein. Ein cambio-Auto ersetzt schon heute 11 private Pkw. Die Frage ist also: Braucht wirklich jeder ein eigenes Auto, um innerstädtisch von A nach B zu kommen? Wir meinen: Nein!
Gerade in Skandinavien zeigt sich ein ganz anderes Verständnis von Mobilität. Milliarden Euro fließen nicht mehr ausschließlich in den Bau von Straßen für Autos, sondern in eine verbesserte Radinfrastruktur, in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Breitere Radwege, Brücken für Radler und Fußgänger, Rad-Express-Ways und auch die guten alten Straßen- oder U-Bahnen erleben eine Renaissance.
Reduziert sich der Autoverkehr – reduziert sich der Schadstoffausstoß
CarSharing kommt genau dann ins Spiel, wenn Fahrrad, Bus und Bahn nicht mehr ausreichen. Erst kürzlich hat der Bundesverband CarSharing (BCS) in einer Best-Practice-Studie ermittelt, dass 26 Prozent der CarSharing-Nutzer, ihr eigenes Auto ein Jahr später abgeschafft hatten, weitere 33 Prozent denken darüber nach. 41 Prozent geben an, weniger mit dem Auto unterwegs zu sein und stattdessen eher das Fahrrad oder Bus und Bahn zu nutzen. Die Rechnung ist einfach: Reduziert sich der Autoverkehr, reduziert sich auch der Schadstoffausstoß von Stickoxiden und CO2. Unterm Strich bedeutet dies: saubere Luft durch weniger Abgase.
Vielleicht kommt das Ende der Verbrennungsmotoren schneller als gedacht. Eben auch, weil es schon heute viele Alternativen gibt, Mobilität anders zu gestalten. CarSharing ist in diesem Mobilitätsmix ein wesentlicher Baustein.
(Text: Tim Bischoff / cambio CarSharing)
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