Catharina Oppitz sprach mit Roland Jahn, Geschäftsführer von cambio Saarbrücken, über die Entwicklung von CarSharing an der Saar, Kooperationen und über das neue Elektroauto am Eurobahnhof.
Hallo Roland, wir sind mit unserem Angebot ja seit über 15 Jahren in Saarbrücken, wie siehst du die bisherige Entwicklung?
cambio hat im Jahr 2000 auf “Einladung” und mit finanzieller Unterstützung des Saarländischen Umweltministeriums seinen Service auf Saarbrücken ausgedehnt. Gestartet ist cambio dort mit 12 Autos an vier Stationen. Heute gibt es 7 cambio-Stationen in Saarbrücken mit 19 Autos. Im Vergleich zu anderen Städten ist dieses Wachstum leider eher “mager”. Unsere Kunden sind überwiegend zwischen 40 und 60 Jahre alt, mehr Männer als Frauen, meistens mit überdurchschnittlicher Bildung. Es gibt noch keinen Transporter, aber ansonsten bietet cambio Saarbrücken die gleichen Möglichkeiten wie in anderen cambio-Städten.
Aha. Was müsste denn passieren, damit CarSharing noch erfolgreicher wird?
Wie die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz bei der Einweihung der ersten E-CarSharing-Station am Eurobahnhof vor wenigen Tagen sagte, muss die Veränderung “im Kopf” stattfinden – ganz im Sinne des Markennamens cambio. Der schlicht übersetzt ja nichts anderes als “Wechsel” bedeutet. In Saarbrücken hat das Auto immer noch einen sehr hohen Stellenwert, was man z.B. an der Ausdehnung der Verkehrs- und Parkflächen erkennen kann. Aber auch Ämter und Institutionen sind noch weitgehend auf das Auto als Fortbewegungsmittel fixiert. Ein erster Schritt wäre die Nutzung von CarSharing durch mehr Landesministerien. Mit cambio-Autos ist bislang nur das Umweltministerium und die Stadtverwaltung unterwegs. Aus den Rückmeldungen wissen wir, dass es gut klappt. Andere Städte, wie Hamburg, bauen sogar städtische Fuhrparks nach und nach ganz ab und setzen aufs CarSharing. Hier gäbe es in Saarbrücken also noch Potenzial.
cambio Blog: “Hamburger Behörden steigen ins cambio-Auto”
Welchen Einfluss hätte es denn auf die Entwicklung des Angebots, wenn mehr Behörden ein cambio-Auto anstelle eigener Flotten nutzen würden?
Im Prinzip ist es ganz einfach. Jedes Fahrzeug braucht eine gewisse Grundauslastung, damit wir wirtschaftlich sein können. Als mittelständisches Unternehmen können wir nur eine kurze Zeit unrentable Stationen betreiben. Die Kombination von geschäftlicher/behördlicher und privater Nutzung ist da sehr wichtig. Unternehmen sind meist in der Woche mit den Autos unterwegs, am Wochenende nutzen dann die Privatkunden – beides zusammen sorgt für die Auslastung, die wir brauchen, um Parkplätze zu mieten, die Autos zu kaufen, das Personal vorzuhalten etc..
Genau da kann eine Stadt also aktiv Einfluss nehmen. Mit der Umstellung auf CarSharing sorgt sie dafür, dass die Stationen eine Grundauslastung haben. Abends und am Wochenende können die Autos dann von Privatkunden genutzt werden. So können weitere Stationen entstehen und das ohne dass eine Stadt wie Saarbrücken zusätzliche Investitionen leisten muss, denn der eigene Fuhrpark würde ja auch was kosten.
Beispielhaft ist hier die Stadt Flensburg zu nennen, in der Unternehmen und die Stadt selbst aktiv geworden sind. Jedes Mitglied in diesem Netzwerk leistet einen finanziellen Beitrag, der eh z.B. für einen Firmenwagen angefallen wäre. In kurzer Zeit wurden so 6 Stationen eröffnet. Mittlerweile sind dort bereits 600 Kunden mit cambio unterwegs.
cambio Blog: “1 Jahr cambio in Flensburg – sechste Station eröffnet”
Wie kam es zu der Station EUROBAHNHOF und der Kooperation mit GIU & ESLL?
Der Geschäftsführer der GIU – Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung mbHG, ein Entwickler von Gewerbeflächen in kommunaler Hand, ist seit vielen Jahren von der Idee des Autoteilens überzeugt.
Die EnergieSaarLorLux ist einer der größten Energieversorger in Saarbrücken und bietet uns seit langer Zeit im “Haus der Zukunft”, der zentralen Verwaltungsstelle der EnergieSaarLorLux, einen Arbeitsplatz, an dem wir die Kundenbetreuung und die Neukundeneinführung durchführen können.
Bei einem Besuch in Saarbrücken im Winter vergangenen Jahres sah ich zufällig auf der Rückseite des Hbfs das GIU-Parkhaus mit dem Hinweis auf die Solaranlage der EnergieSaarLorLux auf dem Dach, und da wir am Bahnhof noch keine Station hatten, kam mir die Idee, die bestehenden Kontakte zu nutzen. Beide Partner sind auch sofort mit Begeisterung aufgesprungen, und alle drei – cambio, EnergieSaarLorLux und GIU – profitieren von diesem innovativen und nachhaltigen Projekt. An der Station EUROBAHNHOF ist also gut zu sehen, was passieren kann, wenn sich mehrere Akteure aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammentun. Jetzt gibt es in Saarbrücken das erste Elektroauto, das auch noch mit Strom fährt, der vor Ort produziert wird. Das ist doch einfach eine tolle Sache!
Ist eine Ausweitung der E-Mobilität in Saarbrücken geplant?
Wir machen in anderen Städten die Erfahrung, dass es einer langen Ausdauer bedarf, bis die CarSharing-Kunden sich an Elektroautos gewöhnt haben. Die Angst vor der neuen Technik, die Sorge, die Reichweite könnte nicht genügen, das Hantieren mit dem Ladekabel stellen Hindernisse dar, die nur mit hohem Serviceaufwand überwunden werden können. Wenn das erste Elektroauto erstmal genügend “Fans” bei den Saarbrücker Kunden gewonnen hat, wird sicher das zweite Elektroauto folgen. Voraussetzung ist allerdings auch, dass auch dafür Strom aus regenerativen Energiequellen bereitgestellt werden kann.
Roland, besten Dank für das Gespräch – ich bin überzeugt, dass die Saarbrücker ganz schnell den kleinen E-Smart für sich entdecken werden.
(Text: Catharina Oppitz / cambio CarSharing)
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